Persönlich
Reisen

Auf Berggipfeln und inneren Wegen: Eine Reise zu mir selbst

In den Weiten der norwegischen Landschaft, fernab des alltäglichen Trubels, begebe ich mich auf eine Reise der Selbstreflexion und des persönlichen Wachstums. Mit dem Ziel, Momente der Präsenz zu finden und meinen eigenen inneren Kompass ausrichten zu lassen.

Ich habe mich offenbar überarbeitet. Schlapp, lustlos und unmotiviert. Oder ist es die Ziellosigkeit, oder beides? So oder so - ich brauche eine Auszeit. Einmal den Reset-Knopf drücken. Weg von den Eindrücken, Meinungen und der Umgebung. Mich neu fokussieren und den Kompass, der sich wie ein Kreisel dreht, neu ausrichten lassen.

Dies ist mein Erlebnis- und Gedankentagebuch der Reise.

Tag 1 - 05.09.:

Taschen gepackt, Auto beladen. Los geht's. Ein komisches Gefühl begleitet mich, während ich alleine aus Hamburg fahre. Mit einem Kloß im Hals verlasse ich die Stadt. Die Vorfreude überwiegt trotzdem, aber dennoch frage ich mich, was mich erwartet.

Es wird ungewohnt, so lange mit mir selbst beschäftigt zu sein. Diese Gedanken holen mich sicherlich schnell genug wieder ein.

Nach einem kurzen Einkaufsstopp in Flensburg besuche ich meine Eltern im Urlaub in Dänemark. Praktisch und schön, noch zwei Abende und einen ganzen Tag mit ihnen zu verbringen.

Erschöpft komme ich am Abend fast ganz im Norden an, nur einen Katzensprung von der Fähre entfernt, die mich auf die nächste Etappe führen wird.

Tag 2 - 06.09.:

Ein Tag voller strahlendem Sonnenschein und Windstille. Ein Strandspaziergang mit einem kurzen Bad für die Füße steht auf dem Programm. Wir unterhalten uns ausführlich über die kommenden Wochen und wie sie für mich wohl aussehen werden, über Norwegen und die Ereignisse des letzten halben Jahres.

Einige technische Fragen zu Handy, Kamera und Laptop kommen auch auf den Tisch und schaffen es, mich etwas zu verärgern. Eine Reaktion, die ich eigentlich nie haben möchte. Dies hängt sicherlich auch mit meiner allgemeinen Unzufriedenheit zusammen. Es fällt mir schwer, die richtigen Worte zu finden mich zu entschuldigen, was mich manchmal traurig stimmt, da ich das bisher noch nie so richtig getan habe.

Mir wird bewusst, dass die nächsten Tage und Abende ruhig werden. Was ich davon halten soll, kann ich noch nicht richtig einordnen - ich kenne das nicht. Doch ich stelle fest, dass ich mich jetzt erst recht darauf freue. So oder so - ein perfekter Auftakt.

Tag 3 - 07.09.:

Heute muss ich nicht früh aufstehen, was sehr praktisch ist, wenn man sich bereits so weit im Norden von Dänemark befindet. Trotzdem ist der erneute Abschied wieder nicht ganz so leicht. Mit einem kleinen Kloß im Hals mache ich mich auf den Weg.

Der Check-in verläuft problemlos, und auf der Fähre ist nicht viel los, überall genug Platz. Ich lese "The Obstacle Is The Way", die Zeit vergeht - wie im Fähre fahren... Das Meer ist heute fast spiegelglatt, wodurch die Überfahrt sehr entspannt ist, was sich bei der Ankunft als äußerst praktisch erweist. Denn im Gegensatz zu vor zwei Jahren bin ich weder kreidebleich noch ist mir übel. Der Zoll glaubt mir schon wieder nicht, dass ich weder Alkohol, Zigaretten noch sonst etwas dabei habe. Also durchsuchen sie mein Auto. Immerhin diesmal ohne Spürhund. Offenbar hat meine Überzeugungskraft diesmal gereicht. Das Ergebnis: wieder kein Erfolg - sagte ich den Beamten ja mehrfach - und so setze ich meine Fahrt fort.

Die kurvigen, engen Straßen und die wunderschöne Landschaft lassen mich schnell vergessen, warum ich eigentlich hierher fahre. Ich bin voll und ganz im Moment. Irgendwann erinnere ich mich daran. Kaum zu glauben, wie schnell ich alles kurz vergessen habe. Na ja, ich bin auch gerade mit dem Fahren beschäftigt.Die Fahrt bereitet mir viel Freude. Mein kleines altes Auto zeigt, wozu es fähig ist, und die Glücksgefühle beflügeln mich.

Der liebe Dag B. empfängt mich an seiner kleinen Hütte am See. Es ist inzwischen 20 Uhr, und es dämmert. Er zeigt mir alles - Solar, Akkus, Gasherd, Tipps und Tricks am Haus und das Plumpsklo. Nachdem er weggefahren ist, mache ich ein Feuer im Kamin und telefoniere mit Sina. Trotz des Gesprächs fühle ich mich jetzt doch irgendwie allein. Die Müdigkeit übermannt mich jedoch schnell. Kein Grübeln. Ich falle ins Bett und schlafe sofort ein.

Tag 4 - 08.09.:

Nach soliden 10 Stunden Schlaf wache ich auf. Hinter den Gardinen ist alles weiß. Nein, kein Schnee - es ist neblig. Man kann nicht viel sehen, aber die Stimmung ist herrlich ruhig. Zu meiner Verwunderung ist es draußen auch angenehm warm.

Ich pumpe etwas Wasser und setze den Kessel auf. Mit einer Tasse Kaffee aus der Frenchpress setze ich mich auf die Terrasse und genieße den Ausblick - wenn man ihn so nennen kann - bei dem Nebel. Ein neugieriger Waldbewohner schaut verdutzt herüber, um zu sehen, wer hier wohnt. Ich packe mein Norwegen/Geburtstags-Geschenk von Sina aus. Sie sagte mir, ich solle es öffnen, wenn ich angekommen bin!

Es ist ein Mini-Survival-Paket. Feuerstahl, ein cooles Carbonmesser und eine Bärenglocke (die bestimmt auch gegen Turbo-Elche hilft).

Bis zum Mittag bleibt der Nebel. Ich nutze die Zeit mit Tee und schreibe einige Nachrichten, die ich aufgeschoben habe. Erwischt. Eigentlich sollte es Zeit für mich sein, ohne Social Media und so. Aber ist es das nicht irgendwie trotzdem? Nur mit Qualität statt Quantität. Eine Ausrede? Jedenfalls ist es kein endloses Scrollen, sondern Unterhaltung mit Freunden. Das ist mir wichtig.

Ich pflücke eine Runde Blaubeeren, damit ich mein Müsli morgen ordentlich bestücken kann. Mit einem Glas in der Hand laufe ich um die Hütte herum. Während ich fleißig sammle, bricht langsam die Sonne durch und dann mit voller Kraft. Ich entscheide mich direkt, im See zu baden. Das Wasser ist angenehm. Ich fühle mich richtig wach und energiegeladen.

Direkt danach probiere ich mein neues ‘Spielzeug’ aus und schnitze, was das Holz hergibt. Mal sehen, was daraus wird. Ideen gibt es viele, aber ich lasse mich vom Prozess überraschen.

In der Abendsonne fühle ich mich motiviert zu meiner ersten Jogging-Runde. Entspannte 5 km werden es, und es fühlt sich großartig an. Am ersten Haus läuft laut ein norwegischer Song. Irgendwie ein wenig kitschig, aber total schön, weil es gerade so gut zur Stimmung passt.

Beim Laufen denke ich generell nicht viel, deshalb mache ich es so gerne. Dieses Mal ist es jedoch ein besonderer Lauf - es fühlt sich surreal an, zwischen den Bergen in der Sonne - ist das gerade Wirklichkeit?

Es folgt eine Abkühlung im See und eine heiße Dusche, eine gute Kombination, um den Tag ausklingen zu lassen. Jetzt sitze ich am Kamin und tippe diese Zeilen und genieße einen Tee. Rückblickend war der Tag schön und fühlte sich lang an. Ich freue mich auf morgen.

Tag 5 - 09.09.:

Der Tag beginnt mit einem erfrischenden Bad im See. Ich genieße den Moment, ohne Geräusche, der spiegelglatten Oberfläche. Schaffe ich es, jeden Morgen ins Wasser zu gehen? Diese Frage beschäftigt mich, während ich meinen Kaffee trinke. Doch das Alleinsein beginnt langsam seine Auswirkungen zu zeigen. Was mache ich denn nun? Dies wird nun drei Wochen so sein!

Beim Kaffee stöbere ich nach Wandermöglichkeiten in der Umgebung. Ich entscheide mich für eine Route, die ich direkt von meiner Hütte aus starten kann. Es werden gute 15 km. Einmal den Berg hinauf, eine kurze Pause, Drohne, Fotos, Stärkung, und dann den Berg wieder hinunter. Vier Stunden vergingen, ohne dass ich an viel anderes gedacht habe. Es war auch schweißtreibend. Auf dem Rückweg landet eine ganze Parade prächtiger Pfifferlinge in meinem Rucksack. Das reicht locker für zwei Tage.

Zurück in der Hütte mache ich mir direkt etwas zu essen. Meine Gedanken kreisen um die Idee, Arbeit, Reisen und Leben zu verbinden. Bei schlechtem Wetter eben mehr Arbeit, bei gutem weniger. Eine ausgewogene Balance also, je nachdem, wie es passt. Aber dafür sind die Euros nicht locker genug. Doch das muss sich ja irgendwie lösen lassen. Der Anspruch ist nicht Luxus und bedient zu werden, sondern dass es einfach passt. Ende des Gedanken.

Die Sonne versteckt sich langsam hinter den Bäumen, aber auf dem immer noch spiegelglatten See spiegelt sie sich noch. Ich schnappe mir mein SUP, um die letzten Sonnenstrahlen einzufangen. Das ist die letzte Aktivität für heute. Oder fast die letzte. Ich muss noch den Wassertank auffüllen. 50-60 Liter kommen da rein, Eimer für Eimer. Aber dann ist es Zeit für Ruhe und Entspannung. Kamin an, nasse Sachen trocknen lassen, Muskeln wärmen und Tee trinken.

Morgen soll es sehr warm werden und die Sonne scheinen. Es wird also ein Tag sein, um die Seele baumeln zu lassen und vielleicht ein paar erste Planungsgedanken aufzuschreiben.

Tag 6 - 10.09.:

Ein Memo an mich selbst. Es ist zwar irgendwie offensichtlich, aber eins wird mir gerade nochmal klar: Wenn ich keine Entscheidung treffe, etwas zu tun, wird es im Zweifel jemand anderes tun oder es passiert einfach nichts. Sich dann auch noch über die Situtation zu beschweren, wäre die Krönung. Ja, es gibt Pflichten, aber davon abgesehen ist der aktuelle Zustand das Ergebnis meiner eigenen Entscheidungen.

Mir geht die Frage schon seit einiger Zeit durch den Kopf: Wie würde ich meine Kernfähigkeit beschreiben? Jedenfalls fällt es mir immer noch nicht leicht, das zu benennen.

Heute ist ein Tag zum Entspannen. Ich lese, liege in der Hängematte, schnitze und esse die restlichen Pilze von gestern. Ich schwimme und lasse mich von der Sonne wärmen. Was für ein Tag.

Zum Abend hin scheitere ich vor der weißen Seite meines Skizzenbuchs. Ich starre es an, und das Skizzenbuch starrt zurück. Immerhin gelingen mir diese Zeilen hier, denke ich und versuche mich an einer digitalen Mindmap. Auch wenn es eher halbherzig ist, bin ich zumindest ein paar Schritte weiter.

Ich sitze mit einer Kerze und meinem Tee am Fenster und stelle fest, dass ich heute nicht viel gedacht habe. Es war größtenteils ein Tag im Hier und Jetzt, ich, meine Hütte und Essen. Mit so viel Sonne auf dem Kopf vergeht der Abend schnell. Ich bin hundemüde und der Marsch von gestern steckt noch in meinen Beinen.

Im Bett fällt mir noch ein: Wie soll es eigentlich weitergehen, wenn ich zurück in Hamburg bin? Was sind die nächsten Schritte? Und will ich jetzt oder nach den drei Wochen schon eine Antwort darauf haben?

Tag 7 - 11.09.:

Ich wache auf, es soll eigentlich heute regnen, also ziehe ich die Gardinen auf. Es ist wolkig und der See ist wellig. Erstmal Frühstücken, diesmal aber drinnen, da es draußen zu windig ist. Ichs starre wieder auf mein Skizzenbuch und das Skizzenbuch starrt zurück, immernoch mit leeren Seiten. Na toll.

Während ich mein Müsli esse, überlege ich, was ich heute tun werde. Auf der anderen Straßenseite führt ein, laut Karte, kurzer Weg in den Wald. Der wird es! Und ich bin sicher, dass es dort Pilze gibt. Und falls es regnen sollte, bin ich schnell wieder zurück.

Alle Annahmen sind richtig. Ein kurzer Weg, viele Pilze und bei Regen bin ich schnell wieder zurück. Immerhin gibt es heute wieder eine Pilzpfanne. Ich habe heute keine Lust, etwas Produktives zu machen. Vielleicht liegt es am Wetter oder daran, dass ich langsam wirklich ankomme.

Noch zweieinhalb Wochen. Uff. Das wird sicherlich noch eine Herausforderung. Das Wetter wird noch mehr solcher Tage bieten. Aber ich wollte es erzwingen, also muss ich jetzt da durch. Es ist sowieso viel zu schön, nur eben ein bisschen einsam.

Seit der Pilzpfanne sitze ich nur am Fenster und schaue hinaus. Ich habe jetzt schon wieder das Telefon in der Hand. Das Gucken von Wanderwegen ist jetzt mein neues Social Media. Während ich das denke, fällt mir ein: Die Dosis macht das Gift. Es nützt nichts, den ganzen Tag zu gucken. Ich muss losgehen, sonst habe ich nichts davon. Für einen Überblick ist es jedoch sehr praktisch. Ziel festlegen und losgehen. Ankommen. Pause machen. Nächstes Ziel festlegen und losgehen. Und so weiter. - Ist das jetzt meine Weisheit des Tages? ;)

Abends springe ich noch schnell in den See, dusche und mache den Kamin an. Es ist dunkel, mein Kopf ist irgendwie leer. Ich mache keinen Plan für morgen. Morgen kommt auf mich zu.

Tag 8 - 12.09.:

Heute besteht die Chance auf Polarlichter. Da ich diese jedoch erst nachts sehen kann, schaue ich mir das Wetter an. Hier kann man sich nur tagesaktuell darauf verlassen. Eigentlich sollte es heute bedeckt sein, aber nichts da, heute und morgen ist strahlend blau.

Ich schnappe mir mein Buch und lese. Den ganzen Vormittag, Mittag und mache dann eine Pause, um etwas weiter zu schnitzen. Mein Arm glüht regelrecht. Ich gönne mir eine Abkühlung im See und lese dann weiter. Währenddessen schweifen meine Gedanken ein paar Mal ab, aber ich schaffe es. Das Buch ist durch.

Da der Tag eher gemächlich war, mache ich abends noch eine Jogging-Runde und kühle mich im See ab. Dann gibt es Abendessen, eine erfrischende Dusche und ich bereite mich darauf vor, Nordlichter und Sterne zu beobachten. Ich verbringe 2,5 Stunden draußen und warte, aber diesmal hatte ich kein großes Glück. Es sah zwar schon toll aus, aber die Kamera sah dennoch etwas mehr als ich.

Trotzdem hat es sich gelohnt. Nach der Zeit draußen komme ich fröstelnd bei meiner kleinen Hütte an und wärme mich auf. Heute habe ich mich wieder gut beschäftigt und keine übermäßigen Gedanken gehabt. Mache ich das absichtlich oder geht es nicht anders? Na ja, erzwingen kann ich nichts, aber was überhaupt, weiß ich selbst nicht. Es war auf jeden Fall ein toller Tag, und ich glaube, ich habe ein bisschen Farbe im Gesicht bekommen.

Tag 9 - 13.09.:

Der letzte ganze Tag in dieser Hütte. Es ist erstaunlich, wie schnell eine Woche vergehen kann und sich dennoch wie eine Ewigkeit anfühlen kann. Ich lasse den Tag heute einfach Tag sein und faulenze wieder. Dabei setze ich mein Projekt, das Schnitzen, in der Sonne fort. Später mache ich noch eine Runde mit dem SUP und erkunde die nächste Landzunge. Auf dem Rückweg wird es windig, so wird das paddeln noch zu einer richtigen sportlichen Aktivität.

Ansonsten passiert nicht viel. Am Abend packe ich das Auto, da es morgen Regen soll. So ist zumindest alles trocken im Auto verstaut. Danach gehe ich eine Runde spazieren im Wald hinter dem Haus. Das fühlt sich plötzlich merkwürdig an. Mit etwas wehmütigen Gedanken schlendere ich durch die Abendsonne und mache ein paar Fotos. Dabei denke ich über die Dinge nach, die ich konsequenter in meinem Leben verfolgen möchte, auch wenn ich sie noch nie konkret aufgeschrieben habe.

Ich möchte...

  • selbstbestimmt leben.

  • keine Ausreden finden, sondern handeln.

  • Eigenverantwortung übernehmen.

  • Dinge anpacken und umsetzen.

  • regelmäßig nächste Schritte planen.

  • mich nicht beschweren.

  • Dinge nehmen, wie sie kommen.

  • den Moment erleben.

  • mich immer daran erinnern, proaktiv zu bleiben.

Ich möchte nicht...

  • mich im Fluss treiben lassen.

  • in Unzufriedenheit verharren.

  • manipulieren.

  • ausgenutzt werden.

  • mich vergessen.

Ich bin mir sicher, dass ich...

  • mir vertrauen kann.

  • dir vertrauen kann.

  • dich, Sina, liebe.

  • mich liebe.

  • die richtigen Entscheidungen treffe.

  • es gut wird.

Warum also bin ich wehmütig? Alles hat irgendwann ein Ende. Sonst wäre ja nichts besonders. Gerade bin ich hier allein. Es ist schön, keine Frage. Aber mir fehlen die lieben Menschen um mich herum. Heute ist es noch kälter, nur 7 Grad werden es heute Nacht. Vor 4 Tagen waren es noch 20. Brrrr. Also Kamin an, Tee und den Abend ausklingen lassen. Gibt es nochmal eine Chance auf Nordlichter? Ich hoffe, ich bin nachher nicht zu müde.

Tag 10 - 14.09.:

Kein Nordlicht in der Nacht, ich hätte auch geschlafen wie ein Stein. Der Morgen beginnt um 8 Uhr. Nach einem gemütlichen Frühstück und einer Tasse Kaffee am Kamin packe ich meine letzten Sachen zusammen, mache ein bisschen Ordnung und mache mich dann auf den Weg. Schade, der Gastgeber ist nicht da. Ich fahre los. An der ersten Brücke treffe ich ihn dann doch noch. Wir parken und unterhalten uns noch kurz. Ein wirklich netter Typ.

Ich fahre nach Fyresdal, dem nächsten größeren Ort. Zuerst kaufe ich frisches Gemüse und Obst für die kommende Woche ein. Danach mache ich einen Spaziergang in dem neuen "Park". Es gibt dort einen nicht sehr hohen Holzpfad um einen Berg herum und einen Baumwipfelpfad, der den Berg hinaufführt. Das war ziemlich cool, wobei mir die pure Natur doch lieber ist. Außerdem waren da "sehr viele"Menschen, das ungewohnt, tat aber auch mal wieder gut. Hier gibt es viele wunderschön gestaltete Ecken im Wald für Aktivitäten, Grillen, Feuerstellen (mit Holz!) oder einfach zum sitzen, sowas hält hier wohl auch länger als in Hamburg.

Ich lege mich an einer Badestelle mit einem Holzsteg gemütlich hin und genieße ein paar Sonnenstrahlen. Dann geht es weiter zur nächsten Hütte, die mir bereits bekannt ist. Im letzten Jahr waren Sina und ich schon einmal für ein paar Tage dort. Ich komme an und werde freundlich begrüßt. Auch die kleine Fellnase ist noch da. Die Katze kommt sofort beim Auspacken zu mir und miaut, ich habe das gefühl sie meckert mich an, aber will gestreichelt werden. Eine schöne Begrüßung. Dann habe ich die nächsten Tage sicherlich mal Besuch.

Erst nehme ich mir ausgiebig Zeit zum Duschen und zum Zubereiten des Abendessens. Dann lege ich mich gemütlich auf das Sofa, während es draußen regnet und sehr grau geworden ist.

Während des Duschens kommen mir folgende Gedanken:

  1. Es ist mir wichtig, mich um meine körperliche und geistige Gesundheit zu kümmern.

  2. Eine aufgeräumte, saubere und inspirierende Umgebung ist mir wichtig.

  3. Ich möchte öfter meine Komfortzone verlassen und Neues entdecken.

  4. Es ist mir wichtig, Bewegung in meinen Alltag zu integrieren, da sie mir Energie verleiht.

  5. Verantwortungsvoller Umgang mit meinem Geld ist mir wichtig.

  6. Ich möchte keine Dinge, Gewohnheiten oder Menschen in meinem Umfeld haben, die mir nicht guttun oder meinen Fortschritt behindern.

  7. Es ist mir wichtig, einen Plan zu haben und ein bestimmtes Ziel zu verfolgen.

  8. Ich übernehme gerne Verantwortung, auch für Dinge, von denen ich weiß, dass sie keinen Spaß machen, aber erledigt werden müssen.

Es ist seltsam, an einen Ort zurückzukehren, an dem man schon einmal war, der schöne Erinnerungen birgt, aber nun alleine ist, dadurch schleicht sich ein wenig Einsamkeit ein. Ein wenig bedrückt beende ich mein Abendessen. Ich frage mich, was ich in den nächsten Tagen tun soll. Hier, wo es richtigen Strom gibt, kann ich vielleicht etwas Zeit am Laptop verbringen und meine Gedanken festhalten. Das Wetter scheint jedenfalls darauf hinzuweisen, dass das eine gute Option wäre, wenn ich nicht nass werden möchte.

Schauen wir mal, wie sich die nächsten Tage gestalten werden. Der heutige Tag verging irgendwie viel zu schnell.

Tag 11 - 15.09.:

Der heutige Tag beginnt mit dem spontanen Entschluss, eine kleine Wanderung am morgen zu unternehmen, da für den Nachmittag Regen angesagt ist. Also mache ich mich schnell auf den Weg. Einen Steilen Berg hoch. Ich genieße die schöne Aussicht, finde einen kleinen See zur Abkühlung und kehre dann zurück.

Der Nachmittag dient dazu, einige Dinge zu regeln. In den letzten Tagen hatte ich überlegt, an einem Online-Seminar teilzunehmen. Doch letztlich ziehe ich die Zeit hier vor Ort vor. Es ist die Art von "Quality-Time", die ich schon vor längerer Zeit als äußerst wichtig und wertvoll herbei gesehent habe. Daran führt jetzt auch nichts mehr vorbei.

Am Abend bereite ich einen Brief für Sina vor. Ich ärgere mich ein wenig, dass ich die Karte in Hamburg vergessen habe und ich die nun nicht per Post verschicken kann. Aber mit ein wenig Kreativität gelingt es mir dennoch, eine Überraschungspost zu arrangieren.

Völlig erschöpft von der körperlichen und geistigen Anstrengung - sowohl vom Wandern als auch vom Formulieren - wird es ein kurzer Abend.

Tag 12 - 16.09.:

Nach den Anstrengungen gestern nehme ich mir heute einen Tag, um die Füße hochzulegen. Ich schnitze, lese und genieße mein Essen.

"Wenn alle zig machen, mache ich zag" - so ähnlich lautet auch der Titel des Buches, das ich nun lese. Der Anfang klingt ziemlich gut, und ich bin gespannt auf die weiteren Inhalte.

Später gönne ich mir eine kurze Abkühlung im See, gefolgt von einer warmen Dusche und leckerem Essen. Ich drinnen auf dem Sofa und draußen Regen, Wind und der beruhigenden Klang der Wellen. Ich sitze mit einer Tasse Tee am Feuer und spüre zum ersten Mal keine richtige Lust, etwas aufzuschreiben.

Tag 13 - 17.09.:

Der Tag beginnt mit Sonnenschein, Müsli und Kaffee auf der Terrasse. Später lese ich in der warmen Sonne das Buch zu Ende. Es ist wirklich fesselnd, und ich werde bestimmt noch einmal darin blättern.

Anschließend schnitze ich ein wenig weiter, bevor ich das SUP aufpumpe und eine entspannte Runde drehe. Hauptsächlich genieße ich dabei einfach die Sonne. Das war im Wesentlichen mein Tag heute.

Tag 14 - 18.09.:

"Nocebo" - die negativen Erwartungen an eine Sache selbst könnten die Ursache für Symptome sein, nicht die Sache selbst. Ein interessanter Gedanke. Die Symptome hören auf, wenn man über den Nocebo-Effekt aufklärt.

Ich denke über das Verhältnis von Work und Life nach. Vielleicht liegt es alles am Blickwinkel?

Heute regnet es ununterbrochen. Ach was sage ich, es schüttet richtig. Der Wetterbericht sagt, dass 20 Liter pro Quadratmeter fallen. Es ist ein Starkregen. Der See wird immer voller und das zu beobachten ist ziemlich faszinierend.

Tag 15 - 19.09.:

Heute fühlt sich der Tag wie jeder andere an. Fast. Vor zwei Jahren habe ich meinen 30. Geburtstag in Norwegen gefeiert. Damals waren wir zu zweit. Diesmal bin ich allein. Irgendwie fühlt es sich komisch an. Aber irgendwie auch nicht.

Mein Tag beginnt mit Vollkorn-Blaubeerpfannkuchen und Kaffee zum Frühstück. Danach breche ich auf - erst um den Berg (Oynuten) herum und dann hinauf auf den Gipfel. Dabei sammle ich Pfifferlinge ein. Es werden gut ein Kilo, vielleicht sogar mehr.

Außerdem pflücke ich zwei Gläser voll Blaubeeren. Das sollte für die nächsten Tage reichen. Viele Büsche sind inzwischen komplett leergepflückt, aber einige tragen noch immer reichlich Früchte. Während der Tour scheint die Sonne, es ist eine schöne frische Herbstluft und gelegentlich weht eine kräftige Brise. Ich halte kurz inne, schließe die Augen und genieße den Moment, bevor ich weitergehe.

Zurück in der Hütte ist die Katze schon wieder da. Sie mauzt mich an und möchte gestreichelt werden. (Der Besitzer sagt, sie bekommt nie genug Liebe... ein verschmustes Tier.) Ich gehe kurz in den See. Das tut gut nach einer so ausgiebigen Tour.

Beim Essen taucht die Katze erneut auf und schnappt sich - während ich versuche ein Foto zu machen - ein paar Pfifferlinge von meinem Teller, isst sie aber immerhin auf.

Danach sitze ich am Kamin und beantworte die Nachrichten, die im Laufe des Tages hereinkamen. Ein schönes Gefühl. Für einen Moment vergesse ich, dass ich gerade in Norwegen bin.

Tag 16 - 20.09.:

Heute fehlt mir zum ersten Mal die Lust auf alles. Das Wetter ist neblig mit Nieselregen. Immer wenn ich rausgehen möchte, wird der Regen stärker.

Ich schnitze, bis meine Hände vor dem offenen Kamin schmerzen, um nicht zu viel Dreck zu machen. Anschließend lese ich und höre zum ersten Mal einige Podcasts, schaue auch ein paar YouTube-Videos. Es gibt so viel unwissenschaftlichen Müll da draußen. Wenig erfüllend, aber immerhin habe ich heute ein bisschen dazugelernt.

Heute 'skippe' ich sogar das erste Mal das Baden im See, stattdessen dusche ich kalt. Zählt das? Morgen ist leider Unwetter angesagt. Ich hoffe, das stimmt nicht ganz. Ansonsten wird wohl viel gelesen. Mal schauen, was der Tag bringt.

Tag 17 - 21.09.:

Dem Wetterbericht kann man offenbar nicht ganz vertrauen. Zwar hieß es, es würde am Vormittag regnen, was ich für eine Einkaufstour genutzt habe, um frisches Gemüse zu besorgen und den Tank aufzufüllen. Aber am Nachmittag regnete es nicht, und sogar die Sonne kam immer wieder kurz durch. Ich habe einen Spaziergang um den kleinen Teil des Sees gemacht, fast bis zur anderen Seite, und dabei einen kleinen Friedhof entdeckt. Das kam unerwartet.

Auf dem Rückweg habe ich noch ein paar verbliebene Blaubeeren gesammelt. Die Saison scheint wirklich langsam zu Ende zu gehen. Zwei Norwegerinnen auf ihren E-Bikes sprachen mich an, um zu wissen, "ob ich noch genug finde". Es wird wirklich langsam etwas dünn.

Am Abend habe ich mit dem Lesen von "Stillness Is The Key" begonnen. Ich bin sehr gespannt darauf.

Tag 18 - 22.09.:

Dieser Tag hat mich wirklich gefordert. Mehrmals. Warum?. Das erkläre ich gleich. Ich packte meinen Rucksack mit Kamera, Drohne, Essen, Trinken, Handtuch und einem Pulli. Er wurde recht schwer, aber da musste ich durch. Mein Ziel war das Fjell, wo mich eine Wanderung von rund 20 km und 700 Höhenmetern erwartete - erst hinauf und dann wieder hinunter. Ich schätzte, dass ich insgesamt sieben Stunden unterwegs sein würde.

Der Weg war einfach wunderschön. Jeder Schritt war ein Genuss, die Luft frisch, der Himmel blau und die Sonne wärmte genau richtig. Nach 5 km auf einer Schotterstraße begann der 4 km lange Wanderpfad. Am Anfang wählte ich leider den falschen Weg und folgte einem Maschinenweg, der zweimal im Nichts endete. Dabei musste ich sogar barfuß durch einen kleinen Fluss, um meine Füße trocken zu halten. Natürlich ärgerlich, weil ich umkehren musste.

Ich spürte einen inneren Widerstand. "Ich gehe einfach zurück - dummer Weg", dachte ich. Aber ich entschied mich, weiterzumachen. Ich fand schließlich den richtigen Weg, der dieses Mal schwach blau markiert war. Der Aufstieg war steil und anstrengend, und ich geriet mehrmals an denselben Fluss. Aufgrund des starken Regens war er sehr voll, und die Steine waren rutschig. Sollte ich umkehren oder springen? Was wäre, wenn ich ausrutschte? Ich war allein unterwegs. Trotzdem wollte ich unbedingt den Berg besteigen. Also sprang ich, aber das verlief nicht so reibungslos wie erhofft.

Ich landete unsanft auf einem rutschigen Stein im Fluss, wurde aber letztendlich von meinem Rucksack und dem Gras am Ufer gestoppt. Glücklicherweise blieb ich unverletzt und konnte weitergehen. Nach einigen wunderschönen Abschnitten mit moosbedeckten Felsen und Wäldern erreichte ich schließlich ein Moor, das ich nicht trocken überqueren konnte. Eine Rückkehr schien unumgänglich.

Also zog ich meine Schuhe aus und stapfte barfuß weiter. Das kalte Wasser tat meinen warmen Füßen gut. Die Aussichten waren atemberaubend, die Luft klar und der Blick einfach unbeschreiblich. Ich war ganz alleine auf dem Berg, niemand sonst weit und breit. Ich hatte den Gipfel erreicht, trotz mehrerer Hindernisse, die mich beinahe umkehren ließen. In diesem Moment auf 929 m Höhe zu stehen, war einfach unbeschreiblich.

Im Gipfelbuch war ich die 21. Person in diesem Jahr, und ich hinterließ meinen Namen in Zeile 26, da einige Zeilen herausgerissen waren. Nach einer Weile entschied ich mich, den Abstieg anzutreten, konnte aber keine blauen Markierungen finden. Ich irrte eine Weile umher, bevor ich beschloss, zurückzugehen, da ich den Weg nicht mehr finden konnte. Trotz der Herausforderungen des Tages bin ich wohlbehalten zurückgekehrt. Meine Beine brennen, aber der Eindruck dieser Tour wird für immer bei mir bleiben.

Tag 19 - 23.09.:

Die Sonne scheint. Ich sitze im Garten am See und schnitze. Woran arbeite ich genau? Das werde ich später verraten. Für jetzt möchte ich das noch nicht preisgeben. Ich genieße diese meditativen sieben Stunden voll und ganz. Zwischendurch kommt der Besitzer mit einer Ladung Heu für seine Ziegen, und wir kommen ins Gespräch. Es tut gut, endlich die Gelegenheit zu haben, etwas länger mit ihm zu reden. Er erzählt mir einiges über den Ort hier, was ziemlich interessant ist. Währenddessen helfe ich ihm mit dem Heu.

Beim Schnitzen grübele ich vor mich hin.

  • Sollte ich mehr erreichen?

  • Mehr haben?

  • Mehr tun?

  • Mehr Erfolg haben?

  • Mehr Bestätigung erhalten?

  • Mehr Zustimmung bekommen?

  • Mehr Geld verdienen?

  • Mehr reisen?

  • Mehr Verantwortung übernehmen?

  • Mehr Wert schaffen?

  • Mehr ...?

Bin ich 'gut genug'?

Lebe ich wirklich mein Leben oder versuche ich lediglich meine Existenz zu rechtfertigen? Für wen rechtfertige ich mich überhaupt? Vielleicht für niemanden - nicht einmal für mich selbst. Bin ich gut genug in Bezug auf Akzeptanz, Erfolg, Geld? Oder suche ich immer nach ein wenig mehr, sodass es immer außer Reichweite ist, damit ich mich nie angekommen fühle? Ist das den Aufwand wert?

Kann ich einfach sein? So wie jetzt. Im Moment. Wieder 'immer' im Moment?

Wann fange ich an, mich zu zeigen? Was hält mich zurück? Welcher Glaubenssatz hindert mich daran, mich zu präsentieren und beurteilt zu werden?

"Done is better than perfect", denke ich, als ich auf meine Werke schaue. Ich mag sie, da steckt Herz drin.

Am Abend gehe ich baden und dann kommt die Katze und legt sich kurz auf meinen Schoß, während ich mit Sina telefoniere.

Tag 20 - 24.09.:

Der Herbst ist angekommen, und er kam schnell. Während die erste Woche noch von Sommergefühlen geprägt war, hat die Natur nun vollständig den Herbst eingeläutet. Die Schönheit der gelben Birkenblätter, die im Wind flattern, die klare und kühle Luft und die immer noch warme Sonne – einfach wunderbar. Ich wache auf und genieße mein Frühstück draußen, das erste Mal seit einer Woche. Heute steht eine kleine Wanderung auf dem Programm, also nehme ich das Auto und fahre los. Der Aufstieg in der strahlenden Sonne ist einfach fantastisch.

Leider wurde ich dieses Mal tatsächlich von einem Moor ausgebremst, bei dem auch keine Möglichkeit bestand, barfuß hindurchzugehen, trotz der "Holzbrücke". Also musste ich die kleine Runde nehmen. Das ist trotzdem gut. Oben auf dem Berg weht ein kalter Wind, und ich bleibe nicht lange, bevor ich den Abstieg antrete.

Zurück in der Hütte sitze ich am See, lasse die Gedanken von gestern sacken, schnitze und höre dabei ein paar Videos. Ich merke, dass das wirklich beruhigend ist. Allerdings tun inzwischen meine Hände weh. Aber ich will unbedingt fertig werden. Mache ich mir dabei Stress? Nein. Es macht Spaß, und "Vorankommen" ist das richtige Wort. Meine Hände sind einfach nicht daran gewöhnt.

Tag 21 - 25.09.:

Heute ist ein Tag für Cat Content. Schon vormittags höre ich Miauen vor der Tür. Es ist noch ziemlich frisch draußen, also will wohl jemand ins Warme. Die vier Pfoten tapsen vorsichtig herein und machen es sich auf dem Sessel bequem. Die Wolken hängen tief in den Bergen, und die Sonne schafft es nur mühsam hindurch. Ich mache ein paar Fotos von der Stimmung.

Am See, in der Sonne, setze ich mein Schnitz- und Schleifprojekt fort. Dass es zu so einem großen Projekt werden würde, hätte ich nicht gedacht. Aber es macht Spaß, und ich sitze stundenlang einfach nur da, schaue in die Landschaft und arbeite weiter. Katze kommt vorbei und unterbricht mich. Wir spielen mit einem Ast und machen sogar ein kleines Fotoshooting. Sie schafft es echt gut, mich aus meinen Dingen zu lösen, aber eine Pause tut ja auch gut – muss ja auch mal sein.

Später gehe ich zu dem anderen Ferienhaus und darf mal einen Blick hineinwerfen. Es sieht so gemütlich und schön aus. Die Gestaltung ist wirklich gelungen. Hyggelig, wie die Norweger sagen würden. Wer weiß, vielleicht ist das auch nochmal eine Reise wert.

Eine Tür schließt sich, und neue öffnen sich. So sagt man ja. Und das trifft wohl zu, denn ich bekomme einen Anruf von einem Freund. Das ist schon das zweite Thema, worüber ich mir Gedanken machen kann, wenn ich wieder zurück bin. Es freut mich von ganzem Herzen.

Da ich heute noch nicht viel Bewegung hatte, beschließe ich, joggen zu gehen. In der Abendsonne fühlt es sich wunderbar an, die frische Luft zu atmen. Die Sonne wärmt mich, und ich komme mit einer neuen Bestzeit zurück. Schuhe aus und ab in den See – wie gut das tut.

Mir fällt auf, dass ich weniger konsumieren sollte, vor allem digitale Inhalte wie Social Media, Nachrichten, Videos usw. Auch beim Lesen von Büchern muss ich aufpassen. Es darf alles sein, nur nicht zu viel. Ausgewählt und reduziert. Es muss genug Zeit bleiben für Ruhe und Ablenkungsfreie Momente.

Deswegen jogge ich auch lieber draußen als ins Fitnessstudio zu gehen. Dort ist mir einfach zu viel los. Deswegen jogge ich auch ohne Musik auf den Ohren. Da wäre mir zu viel los. Deswegen jogge ich gerne zu Zeiten, wenn nicht so viel los ist. Sonst wäre mir, richtig, zu viel los. Das ist mir heute beim Joggen klar geworden.

Tag 22 - 26.09.:

Das erste, was mir in den Sinn kommt, ist, dass ich seit meiner Ankunft hier nicht an die letzten sechs Monate gedacht habe. Das ist krass, erst das Telefonat gestern hat mich daran erinnert, aber auf positive Weise. Katze ist auch heute wieder mein ständiger Begleiter. Ich bleibe faul und arbeite weiter an meinem Projekt. Den ganzen Vormittag. Dann habe ich das Bedürfnis nach Bewegung. Rudern scheint mir eine gute Idee zu sein. Einmal bis zum großen Teil des Sees fahren, den Ausblick genießen. Der Gegenwind auf dem Rückweg macht es allerdings zu einer echten Sporteinheit.

Ich sollte öfter innehalten:

  • Was ist mir wichtig?

  • Was geht eigentlich gerade wirklich vor sich?

  • Was übersehe ich?

  • Wie sieht die Gesamtsituation aus?

  • Was ist der aktuelle Sinn des Lebens?

Festhalten kann ich jedoch, dass mir das tägliche Verfassen dieses Tagesabschlusses irgendwie guttut. Die Art, wie ich schreibe, ist eine Mischung aus Journal und Erlebnistagebuch. Aber es sind in meinem Fall die Gedanken oder Erlebnisse, die mich beschäftigt haben. Mal war es mehr, mal weniger.

Morgen ist mein letzter Tag hier - ich habe mich entschlossen, tatsächlich zu fahren. Ich hätte noch länger hier bleiben können, aber zu Hause warten auch viele Dinge auf mich. Ich freue mich, aber vor allem freue ich mich auf den ganzen Tag morgen. Mit Katze? Mit Sonne (der Wetterbericht sagt ja), und vielleicht zum Abschluss noch einmal ein bisschen das SUP nutzen. Die Zeit fliegt.

Tag 23 - 27.09.:

Was für ein Morgen. Windstille, tiefe Wolken. Ich schlürfe meinen Kaffee auf der Terrasse und fasse den Entschluss, mich aufs SUP zu schwingen und im Sonnenaufgang (der ist recht spät, weil die Sonne erst einmal über den Berg muss, aber ich nenne ihn jetzt mal so) auf dem Wasser zu sein. Ich sitze auf dem Board mitten im See und lasse die Stille auf mich wirken. Das werde ich in Hamburg vermissen.

Der Wetterbericht hat wohl recht. Das Wetter zeigt sich heute von seiner besten Seite. Mein Tag hier wird wirklich entspannt sein. Einfach genießen. Ich räume ein paar Sachen zusammen und gehe dann raus. Pflücke mir am Apfelbaum einen Apfel und setze mich in die Sonne an den See. Katze kommt kurz vorbei. Es ist sooo schön hier. Ich reflektiere gerade über die letzten Wochen. Ein Gedanke davon ist: Einfach mal machen. Sowas wie diese Reise sollte man sich irgendwie auch finanziell ersparen (sonst ist der Spaß schneller vorbei, als man gucken kann), vor allem aber einfach machen - kein Pflichtprogramm. So wie es eben passt, raus und genießen. Ich habe mal wieder keine Touristen-Spots abgeklappert. Gut so. Sonst wären wir wieder beim "Mehr".

Keine Ausreden finden. Kompromisse ja, aber kein "Eigentlich würde ich ja gerne, aber..."

Ein anderer Gedanke: Ich suche nach einer Aufgabe mit einem klaren Ziel, die Sinn macht. Ein Team, in dem ich zeitlich flexibel sein kann, ohne vorgegebene Anwesenheitszeit. Das Ergebnis zählt, nicht die Zeit. Verantwortung und kreative Möglichkeiten sind mein Schlüssel. Ich möchte einbezogen werden, mich einmischen.

Ich mache Pfannkuchen, kippe den Rest Gemüse zusammen, koche Reis, springe in den See. Inzwischen ist der echt kalt geworden. War es am Anfang noch sehr entspannt, ist es jetzt Zähne zusammenbeißen. Ich dusche, lade das Auto mit allem, was ich nicht mehr brauche, und der Abend klingt gemütlich am Kamin aus, mit ein paar Zeilen Schreiberei. Ich kann gar nicht glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist. Es ist eine gewisse Routine in den Tag gekommen.

Vor 4 Monaten habe ich mir diese Zeit herbeigesehnt und musste lange, lange warten. Vorfreude. Nun ist sie schon fast vorbei, aber sie wird mir in Erinnerung bleiben. In sehr, sehr guter und auch in mahnender Erinnerung. Der Grund sollte nicht noch einmal da sein.

Es bleibt noch die Rückfahrt, viele Stunden Monotonie beim Autofahren. Das wird auch irgendwie schön, aber auch körperlich anstrengend.

Tag 24 - 28.09.:

Die Fahrt nach Hause ist lang und anstrengend. Auto, Fähre, Auto. Ich entschließe mich, durchzufahren. Vielleicht nicht die beste Idee, aber irgendwie möchte ich auch einfach nur nach Hause kommen. Mein braves kleines altes Auto schafft es mit weniger als einer Tankfüllung. Ich bin insgesamt 14 Stunden unterwegs, davon 6 Stunden auf der Fähre, was die Reise in der Mitte ziemlich entspannt gemacht hat.

Die Autobahn ist nachts komplett leer. Es ist eine wirklich sehr monotone und ruhige Fahrt.

Tag 25 - 29.09.:

Die Zahl 25 ist wirklich schön. Und wie sieht es nun mit meinen beiden persönlichen Zielen aus? Erstens wollte ich auf dieser Reise Momente erleben - am besten ganze Tage -, in denen ich hier und jetzt im Moment bin. Ich habe dieses Ziel übertroffen, es waren mehr solcher Tage als erwartet. Kein Nachdenken über die Vergangenheit, keine Planung für die Zukunft, einfach nur sein.

Ziel Nummer zwei war es, mir selbst wieder vertrauen zu können. Meinem Bauchgefühl, meiner inneren Stimme, meiner Intuition - wie auch immer man es nennen mag. Vor allem dafür habe ich diesen Reset gemacht, und auch das ist mir gelungen. Entscheidungen sind ja bekanntlich nie wirklich richtig oder falsch (also, es gibt definitiv welche, die es sind - ich meine persönliche Entscheidungen). Man weiß es einfach nie im Voraus. Aber es gibt immer ein Gefühl dazu, zumindest bei mir. Dieses Gefühl hat mich den Weg gehen lassen, weil ich es wollte. Und diese Energie ist noch da, oder sie ist wieder da, oder sie ist auf einem guten Weg, wieder da zu sein. Und das ist gut so. Es war einfach der Wahnsinn.

  • Ich bin dankbar für so viele gute Freunde.

  • Ich bin dankbar für die besten Eltern, die immer für mich da sind.

  • Ich bin dankbar für die tollste Frau an meiner Seite.

  • Ich freue mich auf die nächsten Abenteuer.

Ach ja, fast hätte ich es vergessen. RESPEKT, wenn du bis hierhin gelesen hast. Das hätte ich niemals für möglich gehalten und es freut mich von ganzem Herzen. Vielen Dank! Aber was habe ich denn nun geschnitzt? Zwei kleine Bären. Ich nenne sie die Schweinebären. Sie sollen mich immer daran erinnern, warum ich diese Reise gemacht habe.

Fazit:

Durch die Tagebucheinträge wurde mir deutlich bewusst, wie sehr sich meine Reise zu einer Reise des persönlichen Wachstums und der inneren Heilung entwickelte. Die Erlebnisse in der atemberaubenden Natur Norwegens halfen mir, eine neue Perspektive auf meine Ziele und mein Selbstvertrauen zu gewinnen. Die Erinnerungen an die stillen Seen, die majestätischen Berge und die treue Katze werden für immer bleiben.

Torben Eggerstorf
05.10.2023

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